ESG nach Corona - Thesen zu den mittelfristigen Auswirkungen
These 11: Overtourism in der Uckermark
Die Pandemie verändert das Reiseverhalten.
Regionaler Tourismus gewinnt Marktanteile
Aufgrund der Gefahr einer zweiten Corona-Infektionswelle wird auch nach Aufhebung oder Lockerung der Reisebeschränkungen der regionale Tourismus die bevorzugte Urlaubsvariante in diesem Jahr sein.
Mittel- bis langfristig kann der temporäre Verzicht auf Fernreisen dazu führen, dass lokale Alternativen an Attraktivität gewinnen: Die Menschen entdecken die Reize der näher gelegenen Ziele, wie etwa kürzere Anfahrten und niedrigere Kosten.
Reisen mit dem Wohnmobil, Auto oder Fahrrad gefragter denn je
Reisen mit dem Wohnmobil oder dem Fahrrad erfreuen sich großer Beliebtheit. Die Flexibilität und Unabhängigkeit in der Planung sprechen für sich, zudem fällt die Einhaltung von Mindestabstands- und Hygienemaßnahmen vergleichsweise leicht.
Die Neuzulassungen für Wohnmobile in Deutschland schossen im Mai um 30 Prozent in die Höhe. Das ist der größte je gemessene monatliche Anstieg.
Ferntourismus und Kreuzfahrtschiffe unter Druck
Reisen auf andere Kontinente mit meist schlechterer Gesundheitsversorgung oder auf einem beengtem Schiff mit Tausenden von Menschen sind erst dann wieder eine Urlaubsalternative, wenn es einen Impfstoff gegen Corona gibt.
Besonders hart getroffen hat es die Kreuzfahrtbranche: Bis die Umsätze von 2019 wieder erreicht werden können, wird es mehrere Jahre dauern.
Düsterer Ausblick
Aufgrund der enorm hohen Verschuldung und der eingebrochenen Umsätze wäre eine zweite Corona-Welle katastrophal für die Kreuzfahrtbetreiber und könnte den Niedergang einer ganzen Branche nach sich ziehen.
Bisherige Einbrüche der Aktienkurse von Kreuzschifffahrtgesellschaften von bis zu 75 Prozent sind ein klares Signal. Kurzzeitige Kurserholungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Ausblick für die nächsten Jahre düster ist.
Weniger (Fern-)Reisen sind gut fürs Klima
Emissionsintensive Reisen gehen während der Corona-Pandemie zurück, damit sinkt der Treibhausgasausstoß in der Krise.
Der touristische Autoverkehr wirkt sich zwar am stärksten auf die Luftqualität aus, der Luftverkehr macht jedoch weiterhin den größten Anteil an den tourismusbedingten Treibhausgasemissionen in der Eurozone aus.
Das emissionsintensivste Verkehrsmittel pro gefahrenem Kilometer ist jedoch das Kreuzfahrtschiff: Darüber hinaus sind die meisten Kreuzfahrten mit Flügen verbunden, die laut European Environment Agency 10 bis 30 Prozent zu den durch die Kreuzfahrt verursachten Gesamtemissionen beitragen.

Mittelfristig ist für das Klima jedoch entscheidend, ob die Menschen ihr Mobilitäts- und Konsumverhalten nachhaltig ändern. Das Ziel sollte nicht der Verzicht von Konsum zulasten von Wachstum sein, sondern das Streben nach qualitativ besserem Wachstum, das von CO2-Emissionen weitgehend entkoppelt ist. Ein Trend zum regionalen Tourismus könnte hier durchaus Abhilfe schaffen.

- Autorin:
Dijana Bogdanovic, ESG Analystin im Portfoliomanagement bei Union Investment