ESG nach Corona - Thesen zu den mittelfristigen Auswirkungen
These 7: Zuhause im Büro
Das Homeoffice gehört post Corona zur neuen Normalität und birgt Chancen für das Klima
Risiken für das Office-Segment des Immobiliensektors entstehen zunächst durch kleinere Unternehmen und Mieter
Ein signifikanter Anteil der Arbeitnehmer arbeitet zurzeit krisenbedingt im Homeoffice. Aufgrund der hohen konjunkturellen Unsicherheit haben zahlreiche Mieter Anmietungsentscheidungen vorläufig aufgeschoben. Die Neuvermietung von Büroflächen ist daher im Verlauf der Corona-Pandemie gesunken. Gleichwohl war das Office-Segment des Immobiliensektors zu Beginn der Krise in sehr guter Verfassung.
Viele Regierungen in Europa haben zu Beginn der Krise Mietstundungen ermöglicht. Während Maßnahmen zum Schutz von Marktteilnehmern bereits greifen, sind tatsächliche Mietausfälle bisher die Ausnahme. Ausfallrisiken liegen zukünftig insbesondere bei kleineren Unternehmen bzw. Mietern mit geringer Bonität. Vor allem Anbieter von Co-Working Spaces gehören aktuell zu den Verlierern der Krise.
Die Nachfrage nach Büroraum wird sich verändern
Der Büroflächenbedarf wird sich perspektivisch an eine sich wandelnde Nachfrage anpassen. Einerseits werden sich in der Tendenz weniger Mitarbeiter gleichzeitig im Büro befinden. Andererseits werden mehr Flächen für Konferenzräume nachgefragt werden. Dabei wird die persönliche Interaktion nach wie vor einen wichtigen Stellenwert behalten.
In der Summe dürfte der Stellenwert des klassischen Büros im Arbeitsalltag jedoch leicht zurückgehen. Traditionelle Anbieter von Büroflächen werden sich auf diese Verschiebungen der Nachfrage einstellen müssen.
Potenziale für den Klimaschutz
Die Krise hat dem Trend hin zum flexiblen Arbeiten Auftrieb verschafft. Flexible Büronutzungskonzepte, die verschiedene Meeting-Möglichkeiten, Homeoffice und flexible Präsenzlösungen miteinander kombinieren, werden immer wichtiger. Nach der Krise wird ein größerer Anteil der Arbeitnehmer Möglichkeiten wie zum Beispiel das Homeoffice zumindest ergänzend nutzen. Wege zur Arbeit werden in Zukunft häufiger eingespart werden.

Auch die Art und Weise, wie wir im Büro arbeiten, wird sich nachhaltig verändern. Denn die Corona-Krise hat gezeigt, wie effizient Tätigkeiten und Meetings auch virtuell durchgeführt werden können. Internationale Unternehmen vereinbaren während der Krise ihre Meetings zwangsläufig als Video- oder Telefonkonferenzen. Das dezentrale Arbeiten dürfte daher deutlich zunehmen.
Die damit einhergehende Verringerung der Reisetätigkeit wird dem Klima zugutekommen. Diese Entwicklung ist zudem positiv für Anbieter von digitalen Office-Lösungen.

Bereits im Green Deal der EU wird eine Renovierungsoffensive angestrebt. Für die Immobilienwirtschaft könnte dies verstärkte Investitionen in CO2 -arme, nachhaltige Energieerzeugung, Gebäudesanierungen und Klimaschutzlösungen sowie digitale Technologien bedeuten. Es ist davon auszugehen, dass die Krise in der Immobilienbranche zu zusätzlichen Anstrengungen im Bereich der Nachhaltigkeit führen wird, um die Objekte zukunftsfähiger zu gestalten
- Autor:
Johannes Böhm, ESG Analyst im Portfoliomanagement bei Union Investment