Der Klimawandel wird zum Auslöser immer neuer Umwelt-und Hungerkatastrophen:
Die Menschheit steht vor der Wahl, den bisherigen Lebensstil fortzusetzen oder zu verändern. Beim Weltklimagipfel von Paris hat die internationale Staatengemeinschaft im Dezember 2015 hierzu wichtige Beschlüsse gefasst.
Ziel des Pariser Abkommens, das von 195 Staaten unterschrieben wurde und seit 4. November 2016 in Kraft ist*, ist es, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, um schlimmere Folgen des Klimawandels zu verhindern. Ein „Weiter so“ kann es nach dem Klimagipfel in Paris nicht geben. Für Unternehmen und Investoren haben die Beschlüsse einen weitreichenden Einfluss auf die Zukunftsfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle. Der Trend wird außerdem verstärkt durch den zunehmenden regulatorischen Druck zu mehr Klimafreundlichkeit und Nachhaltigkeit.
Zahlreiche Studien haben inzwischen die Risiken des Klimawandels und des Nichtstuns auch für die Kapitalanlage belegt. Eine Studie der Universität Cambridge (Unhedgeable Risk, How climate Change sentiment impacts investment, University Cambridge, 2015) titelte gar „Unhedgeable Risk“, ein Risiko also, das sich nicht mehr absichern lässt. Dabei sieht die Studie bereits in den Jahren bis 2020 spürbare Folgen auf Investoren zukommen. Dies hängt selbst ohne schwerwiegende Katastrophen bereits mit den indirekten Folgen des Klimawandels zusammen, wie etwa einem sich verändernden Marktsentiment, neuen Technologien und neuen regulatorischen Anforderungen. Die Umstellung auf Klimafreundlichkeit könne kurzfristig zwar zu Performanceeinbußen führen. Doch die langfristigen Vorteile überwiegen laut den Studienautoren und könnten das gesamtwirtschaftliche Produktionsergebnis im Betrachtungszeitraum bis zum Jahr 2050 um bis zu 4,5 Prozent erhöhen.
* Zum 8. Mai 2017 hatten bereits 145 Staaten (die insgesamt 82,95 Prozent der globalen Emissionen verursachen) das Abkommen ratifiziert.
0,14
Prozent
Maximal 0,14 Prozent Einbußen müsste die Weltwirtschaft durch den notwendigen Transformationsprozess im Kampf gegen den Klimawandel hinnehmen.
Quelle: IPPC Weltklimareport 2017
2/8/17
Earth Overshoot Day
2. August „Earth Overshoot Day“: der Tag, an dem wir die in diesem Jahr zur Verfügung stehenden Ressourcen unseres Planeten aufgebraucht haben. Den Rest des Jahres verbrauchen wir Ressourcen künftiger Generationen.
Quelle: www.footprintnetwork.org
Risiken zwingen zum Handeln
Bereits im Vorfeld der Konferenz war es absehbar, dass klimaschädliche Energieträger angesichts der immensen Schäden stark in der Kritik stehen würden. In letzter Zeit haben zahlreiche Investoren erklärt, ihre Investitionen in diesem Bereich zu reduzieren oder ganz darauf zu verzichten. Die Konsequenzen der zunehmenden Dekarbonisierung sind weitreichend. Immer mehr Asset Manager stellen zum Risikoschutz vor Verlusten nicht nur die Energieversorger und Förderunternehmen auf den Prüfstand, sondern auch die Geschäftsmodelle indirekt beteiligter und betroffener Unternehmen. Dabei spielt die Klimafreundlichkeit jeder einzelnen Investition zunehmend eine Rolle. In den vergangenen Jahren wurden bereits neue Möglichkeiten entwickelt, sich über die Zusammensetzung der verwalteten Vermögenswerte Gedanken zu machen. Zunehmend gefragt sind Informationen über die Klimawirkung des eigenen Portfolios, den CO2-Fußabdruck. So können sich Investoren beispielsweise der Initiative des Montréal Carbon Pledge anschließen und sich verpflichten, den sogenannten Carbon Footprint ihrer Anlage zu veröffentlichen. Investoren stehen somit vor der Herausforderung, Portfolios auf ihre klimatischen Auswirkungen hin zu untersuchen. Die in Paris beschlossene ausgeweitete CO2-Bepreisung für den Transportsektor und andere Branchen in den USA, Kanada, Europa und China wird zusätzlich Druck auf die Geschäftsmodelle zahlreicher Unternehmen ausüben. Auf die Automobil-oder Flugzeugindustrie kommen somit zusätzliche Kosten zu, die Anleger einkalkulieren sollten.
Einstige Börsenlieblinge müssen sich wappnen
„Kohlelastige“ Unternehmen werden es spätestens seit den Beschlüssen des Pariser Weltklimagipfels am Kapitalmarkt schwer haben. Selbst die großen Ölmultis, noch vor wenigen Jahren die mächtigsten und wertvollsten Unternehmen der Welt, müssen sich in Zeiten des Ölpreisverfalls für weitere Strukturbrüche wappnen. Wo es Verlierer gibt, gibt es auch Gewinner. Genannt seien hier die vielen kleinen und mittleren Unternehmen, die in die energiepolitisch geschlagenen Nischen springen – zu beobachten etwa in den Bereichen Windkraft, Solarenergie und Energieeffizienz. Der Haken für Investoren: Viele dieser energiepolitischen Start-ups können nur überleben, solange die staatlichen Fördergelder sprudeln. Die hohe Wettbewerbsdynamik macht den Markt um die erneuerbaren Energien besonders anspruchsvoll. Erschwerend kommt hinzu, dass es Dekaden dauern wird, fossile Brennstoffe wie Kohle, Öl und Gas durch erneuerbare Energien zu ersetzen. Der energiepolitische Wandel bedeutet aber zwangsläufig, dass Unternehmen ihre Geschäftsmodelle mehr oder weniger radikal verändern müssen, um ihre Existenz zu sichern. Man denke etwa an die Aufspaltung von RWE und E.ON. Für Investoren ist es deshalb wichtiger denn je, bei ihren Anlagen auch unter Klimaaspekten Chancen und Risiken einer Anlage zu beurteilen.

Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber
Union Investment im Gespräch mit Prof. Dr. Hans Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung
Union Investment fragt nach
Herr Prof. Schellnhuber, warum ist genau die Zwei-Grad-Grenze so bedeutsam?
Unsere globale Mitteltemperatur ist das Ergebnis von vielen Prozessen: der Sonneneinstrahlung, der Bewegung der Atmosphäre, der Bewegung der Ozeane und dergleichen; das Atmen, das Respirieren der Wälder, der Pflanzen und so weiter. Und das alles in einem sehr wohlgeordneten Gleichgewicht. Wenn Sie jetzt das Ganze um ein, zwei Grad verschieben, dann sind Sie eigentlich schon im Bereich der höchsten Temperaturen, die zum Beispiel in der letzten Zwischeneiszeit vor 140.000 Jahren da waren. Also ist man gewissermaßen bei zwei Grad an der Obergrenze der Umweltbedingungen, in denen die Evolution des Menschen möglich war.
Was muss geschehen, um die ambitionierten Klimaziele von Paris zu erfüllen?
Ich glaube, es geht um zwei Dinge: Wir sollten erkennen, ob als Produzent oder Konsument, dass ein gutes Leben in einer modernen Welt auch ohne massiven Einsatz von fossilen Brennstoffen möglich ist. Die technischen Möglichkeiten sind da. Das andere sind die ökonomischen Aspekte: Ich brauche dafür eine Veränderung der Investitionsströme.
Wie müssen Investoren nun anlegen?
Ich muss gezielt in zukunftsfähige Konsumption investieren. Ich muss das Kapital aus den Branchen abziehen, die helfen, diesen Planeten zu zerstören; und das ist eine Mischung aus moralischer Entscheidung und natürlich einer Risikovermeidung.
Welche Rolle kann Deutschland bei der Umsetzung der neuen Klimaschutzziele spielen?
Es wird keine kleine Geschichte sein, weil Deutschland eben zwei große Schwachstellen hat, was Klimaschutz angeht. Das ist einerseits die Automobilindustrie, die die neuen Antriebsformen eigentlich bisher verschlafen hat. Da muss die deutsche Industrie ganz schnell umstellen. Zweitens: Wir haben immer noch Braunkohleverstromung, was so ziemlich das Schädlichste ist, wenn Sie Klimaschutz betreiben wollen. Mit anderen Worten: Es muss sowohl im rheinischen Revier als auch in der Lausitz ein Moratorium geben beziehungsweise einen Ausstiegstermin für die Braunkohleverstromung. Und der darf auf keinen Fall später als 2030 liegen. Sie können sich vorstellen, dass es bittere politische Debatten um das Ganze geben wird. Aber darum kommt man nicht herum. Die ganze Glaubwürdigkeit Deutschlands als führendes Klimaschutzland hängt an diesen Dingen.
Konsequenzen des Klimawandels
Unternehmen sind in vielen Sektoren durch den Ausstoß von Treibhausgasen nicht nur Mitverursacher des Klimawandels, sondern auch direkt betroffen von den Folgen. Die schematische Darstellung beleuchtet anhand einiger Beispiele die gravierenden Folgen einer ungebremsten Erderwärmung für Umwelt und Gesellschaft. Auch die Wirtschaft ist von den Folgen betroffen, was an einigen Sektoren exemplarisch gezeigt wird. Die negativen ökonomischen Auswirkungen einer steigenden Erderwärmung werden bei einer langfristigen Betrachtung (35 Jahre) schließlich auch bei der Performance der Wirtschaftssektoren deutliche Spuren hinterlassen, wie ausgewählte Beispiele aus einer aktuellen Studie der Beratungsgesellschaft Mercer zeigen.
Auswirkungen auf Umwelt

Auswirkungen auf Gesellschaft

Verknappung von Lebensmitteln
durch Verlust landwirtschaftlicher Flächen und Missernten

Klimaflüchtlinge
aus Regionen, in denen sich die Lebensbedingungen wegen des Klimawandels verschlechtert haben

Gesundheit
Erhöhte Seuchengefahr und Kreislauferkrankungen wegen erhöhter Temperaturen

Verknappung von Süßwasser
durch verminderte Niederschläge und Absenkung des Grundwasserspiegels
Auswirkungen auf Wirtschaft

Industrie
- Unwetterschäden
- Versorgungsengpässe
- Produktionsstopps
- Klimatisierungskosten

Landwirtschaft
- Ernteausfälle
- Futter- und Wasserknappheit
- Flächenverlust

Energie
- Sturmschäden an der Energieinfrastruktur
- Netzüberlastung
- Stromausfälle

Bauwesen
- Gebäudeschäden
- Verlängerte Baumaßnahmen
- Höhere Kosten

Tourismus
- Verlagerung des Skitourismus
- Verlust von Strandresorts
- Hohe Anpassungskosten

Finanzen
- Versicherungsschäden
- Versicherungs-, Kredit- und Investitionsrisiken
- Kursverluste
Auswirkungen auf Sektoren
