Unternehmensanleihen sind eine echte Alternative 

Mit über vier Prozent rentieren Anleihen von Unternehmen mit guter bis sehr guter Kreditwürdigkeit – auch im aktuell volatilen Umfeld. Damit sind sie für weniger risikofähige Anleger eine gute Alternative zu schwankungsanfälligeren Assetklassen wie Aktien. Angesichts des unsicheren Umfeldes erscheint die Konzentration auf kürzere und mittlere Laufzeiten sinnvoll. 

Jahrelang hieß es TINA: Es gibt keine Alternative – There is no alternative. Gemeint war: Zu Aktien. Im Niedrigzinsumfeld haben Anleihen kaum etwas abgeworfen, so dass einkommensorientierte Anleger um Dividendenpapiere kaum herumkamen. Nun sind die Kapitalmärkte in eine neue Phase getreten – und Rentenpapiere bringen erstmals seit vielen Jahren wieder ordentliche Renditen. Das Motto lautet nun TARA: There are reasonable alternatives.  

Ein Beispiel dafür sind Unternehmensanleihen. Vor der Finanzkrise 2008 lagen die Renditen von Unternehmensanleihen mit guter oder sehr guter Anlagequalität (Investment Grade) auf dem – nun wieder erreichten Niveau von über vier Prozent. Doch nach der Finanzkrise setzte eine ultralockere Geldpolitik ein, was auch am rückläufigen Preisdruck lag, und die Renditen am Corporates-Markt fielen im Einklang mit der Inflation (vgl. Grafik). Weil die Inflation durch der Corona-Krise stark angestiegen ist und die Geldpolitik mit Zinserhöhungen reagierte, hat sich das Bild gedreht. 

  • Hoher Gleichlauf zwischen Inflation und Corporates-Renditen​

    Noch hoher Abstand zwischen Inflation und Rendite​

    Hoher Gleichlauf zwischen Inflation und Corporates-Renditen​
    EU-Inflation = harmonisierte Verbraucherpreise (HVPI); US-Inflation = Verbraucherpreise (CPI); Quelle: Refinitiv; Stand: 15. März 2023.​
  • Hoher Gleichlauf zwischen Inflation und Corporates-Renditen​

    Lücke bereits weitgehend geschlossen​

    Hoher Gleichlauf zwischen Inflation und Corporates-Renditen​
    EU-Inflation = harmonisierte Verbraucherpreise (HVPI); US-Inflation = Verbraucherpreise (CPI)​ ; Quelle: Refinitiv; Stand: 15. März 2023.​

Das Corporates-Segment bietet nicht nur breite Streuungsmöglichkeiten auf Emittentenebene. Seit dem Jahr 2013 bringen Unternehmen beispielsweise Green Bonds auf den Markt. Das Spektrum wurde noch erweitert durch Sustainability Linked Bonds (SLB), die im Jahr 2019 aufkamen. Über SLBs werden Gelder in Projekte investiert, die dazu dienen, unternehmensweite nachhaltige Ziele zu erfüllen und für die bestimmte Schlüsselgrößen erreicht werden müssen.  

Auch im aktuellen Umfeld bleiben Investment-Grade-Unternehmensanleihen (IG) nach Einschätzung der Experten von Union Investment eine interessante Anlageklasse.  

Die EZB hat trotz der jüngsten Marktturbulenzen einen kühlen Kopf behalten, wie sie mit dem 50-Basispunkte-Schritt am 16. März demonstrierte. Angesichts der nach wie vor hohen Inflation, zugleich aber auch wegen Verwerfungen im Bankensektor ist die Unsicherheit bezüglich des weiteren Zinspfads gestiegen. Nach Ansicht der Volkswirte von Union Investment bestehen nun Abwärtsrisiken für die Zinsentwicklung. Das Basisszenario geht aber weiterhin von einem Zinsgipfel bei 3,75 Prozent (Einlagensatz) aus. Auf kurze Sicht weniger Einfluss auf den Corporates-Markt dürfte dabei die Absicht der EZB haben, ihre Bilanz zurückzuführen – die Auswirkungen eines möglichen „quantitative Tightening“ werden derzeit von einer hohen Nachfrage überkompensiert.  

Kurze Zinsbindungsdauer attraktiv 

Aufgrund der Inversion der Zinskurven (Stand 17. März) sind Anleger in der vorteilhaften Ausgangslage, dass Positionen mit geringerer Zinsbindungsdauer (Duration) eingegangen werden können, ohne dass Abstriche bei der Rendite gemacht werden müssen. Dies gilt auch für Unternehmensanleihen. Dieses Segment dürfte zudem Unterstützung durch ein geringeres Angebot finden. Viele Unternehmen halten sich angesichts gestiegener Marktrenditen mit Neuemissionen eher zurück oder greifen auf mitunter günstigere Bankfinanzierungen zurück, als den Kapitalmarkt anzuzapfen.  

Drei Punkte sprechen aber weiterhin dafür, dass Rentenpapiere von Unternehmen mit IG-Qualität ein wesentlicher Baustein im Anlageportfolio sein können: 

  1. Der größte Teil des Kursverfalls am Anleihemarkt dürfte nach Einschätzung der Experten von Union Investment bereits hinter uns liegen. Diese vorsichtig optimistische Erwartung gründet sich auf der Entwicklung der Inflationsdaten. Hier zeigt sich seit einigen Monaten eine Entspannung, was daran liegt, dass zunehmend hohe Vergleichswerte aus dem Vorjahr in die Rechnung einfließen (Basiseffekt), aber auch an sinkenden Energiepreisen. Ein Ende des Zinserhöhungszyklus im laufenden Jahr ist somit das Hauptszenario. 
  2. Mit einer Rendite von deutlich über vier Prozent für auf Euro lautende Investment-Grade-Unternehmensanleihen (per Anfang März) sind diese ein guter Puffer gegen mögliche Kursverluste. Nach Berechnungen von Union Investment ist erst ab einem weiteren Renditeanstieg von mehr als 75 bis 100 Basispunkten bei den Bundesanleihen  eine negative Wertentwicklung für die nächsten zwölf Monate zu erwarten (Berechnung bezogen auf den ICE BofA-Corporates-Anleiheindex. der eine modifizierte Duration von etwa 4,5 Jahren aufweist). Anleger können damit einen attraktiven Renditeaufschlag (Carry) vereinnahmen bei gleichzeitig überschaubaren Kursrisiken.  
  3. Durch den Fokus auf eine gute Kreditqualität sind die Ausfallraten sehr gering – und auch historisch betrachtet sind sie selbst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten sehr niedrig geblieben. Hier kommt auch aktives Management zum Tragen: Falls ein Emittent auf Hochzins-Niveau abgestuft wird, wird das Portfoliomanagement diese Entwicklung engmaschig begleiten und gegebenenfalls die Papiere verkaufen.  
  • Rentenmärkte haben deutlich an Attraktivität gewonnen​

    Renditen wieder auf Niveau von Anfang der 10er-Jahre​

    Rentenmärkte haben deutlich an Attraktivität gewonnen​
    Quelle: Refinitiv, Union Investment; Indizes: ICE BofA Euro Corporate Index, ICE BofA Euro Corporate Index, IBOXX EURO EUROZONE und JPM EMBI Global Diversified; Stand: 20. März 2023. *Hartwährung​
  • Rentenmärkte haben deutlich an Attraktivität gewonnen​

    Hohe Renditen für Neuanlage​

    Rentenmärkte haben deutlich an Attraktivität gewonnen​
    Quelle: Refinitiv, Union Investment; Indizes: ICE BofA Euro Corporate Index, ICE BofA Euro Corporate Index, IBOXX EURO EUROZONE und JPM EMBI Global Diversified; Stand: 20. März 2023. *Hartwährung​

Aber welche Auswirkungen hat eine erhöhte Inflation und haben höhere Finanzierungskosten auf die Unternehmen – werden sie nicht absehbar Schwierigkeiten mit ihrer Verschuldung bekommen? Auch das Investment-Grade-Bereich ist dagegen nicht immun. Allerdings gibt es Gründe für Zuversicht. Derzeit sind im Investment-Grade-Bereich kaum Verschlechterungen der Fundamentaldaten zu erkennen, etwa bei Zinsdeckungsgrad oder Schuldentilgungsdauer, sondern im Gegenteil eher Verbesserungen. 

Schulden im Blick behalten 

Ein höheres Zinsniveau schlägt sich auf die optimale Kapitalstruktur eines Unternehmens nieder. Die Auswirkungen sind aber sehr individuell. So sind hoch verschuldete Unternehmen etwa eher gezwungen, ihre Schuldenlast zu reduzieren, um die Schulden zu bedienen. Bei Refinanzierungen schlagen die gestiegenen Kreditkosten bei Banken oder die höheren Renditeansprüche am Kapitalmarkt belastend zu Buche, doch lassen sich die Auswirkungen daraus durch ein Liquiditäts- und Schuldenmanagement im Griff halten.  

Viele Unternehmen haben etwa eine breite Streuung des Fälligkeitsprofils ihrer Verbindlichkeiten. Zudem besitzen Unternehmen Spielräume auf der Ausgabenseite oder können die Ausschüttungen an die Eigenkapitalgeber verringern. Sind die Zinsen höher, bieten sich womöglich auch weniger Projekte an, die eine lohnenswerte Investition sind, da die Kapitalkosten insgesamt steigen. Das sorgt für weniger Investitionsmöglichkeiten – und damit tendenziell eher für eine Stabilisierung der Schuldenquoten. 

Langfristig kann die Inflation sogar zur Schuldenreduktion beitragen. So steigen durch die allgemeine Teuerung auch die Erlösströme vieler Unternehmen und damit in der Regel auch die (absoluten) Gewinne. Zwar können steigende Kosten auch die operative Margen belasten. Doch wenn es dem Unternehmen gelingt, steigende Kosten auf die Produkt- oder Dienstleistungspreise zu überwälzen, sind die Belastungen verkraftbar. Da die Verbindlichkeiten als Bestandsgröße in der Bilanz ja zunächst nicht im selben Maße ansteigen, verbessern sich tendenziell die entsprechenden Schuldenkennzahlen. In der aktiven Auswahl für die Rentenfonds von Union Investment berücksichtigt das Portfoliomanagement diese Faktoren. 

Kreditverbriefungen interessant 

Abgesehen von einer Anlage in IG-Unternehmensanleihen können sich als Alternative für institutionelle Investoren Fonds anbieten, die in CLOs (Collateralized Loan Obligations) investieren. CLOs bieten aus strukturellen Gründen (wie etwa ihrer Komplexität) sowie teilweise einer geringeren Liquidität eine höhere Rendite gegenüber Unternehmensanleihen auf vergleichbarer Ratingstufe. Kern-Charakteristikum von CLOs ist ihr variabler Zinssatz mit zugleich garantierter Zinsuntergrenze. Auch weisen CLOs in der Regel eine kürzere Duration als Unternehmensanleihen auf, was sie weniger anfällig für Zinsveränderungen macht.  Weil die Zinskurve aktuell so flach ist, liegt die Zinsbasis höher als bei vergleichbaren Anlagen im Unternehmensbereich und der Zinsaufschlag ist größer. In Summe dürften damit die Zinsänderungsrisiken niedriger liegen, bei zugleich höheren Renditen. 

Auch die fundamentale Qualität der Papiere kann für ein Investment sprechen:  Zum einen sind die bei CLOs zugrundeliegenden Kredite erstrangig besicherte Darlehen; zum anderen bietet die CLO-Struktur durch ihre eigene Übersicherung einen Puffer gegen mögliche Ausfälle. Allerdings sind CLOs aufgrund einer geringeren Liquidität in Stressphasen des Marktes schwankungsanfälliger – ein langfristiger Anlagehorizont ist daher sinnvoll. 

 

Stand aller Informationen, Erläuterungen und Darstellungen:
15. März 2023, soweit nicht anders angegeben.

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